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Nachrichten aus Region meets Business

Chancen für Automobilzulieferer im Nordschwarzwald

In Luft- und Raumfahrt und Verteidigung – Workshop von ZPT und TraFoNetz

Zu wissen, dass Präzisionsteile aus der eigenen Produktion in der Luft- oder Raumfahrt zum Einsatz kommen, kann ein Unternehmen schon mit Stolz erfüllen. Grundvoraussetzung für die Positionierung auf diesem Markt sind notwendige Zertifizierungen.

Der Einstieg in die Zukunftsmärkte Luft- und Raumfahrt und Verteidigung ist anspruchsvoll, sagt Referent Wolfgang Bott.

Tilo Keller

Bei einer Veranstaltung des Transformationsnetzwerks (TraFoNetz) Nordschwarzwald und dem Zentrum für Präzisionstechnik (ZPT) Pforzheim hat es Einblicke in den Luft- und Raumfahrt und Verteidigungsmarkt gegeben.

„Ich freue mich, dass das Thema auf so große Resonanz gestoßen ist“, sagte Björn Lörch vom ZPT bei der Begrüßung von mehr als 50 angemeldeten Teilnehmenden. „Daran sieht man aber auch, wie die Unternehmen aktuell nach neuen Märkten suchen.“

Referent Wolfgang Bott von Quer Management ist zugelassener Auditor für Luftfahrt, Raumfahrt und Verteidigung und berät Unternehmen auf dem Weg zur Zertifizierung. Als Anschauungsobjekt hatte er ein Fenster aus einem Höhenforschungsflugzeug dabei. Bott machte deutlich, dass Zertifizierung nötig ist, um überhaupt für den Luft- und Raumfahrtmarkt zugelassen zu werden. Hierzu führte er die Normen EN 9100, 9110 und 9120 an.

„Eine Zertifizierung bedeutet aber nicht, dass gleich ein Auftrag da ist“, merkte Bott an. Er wies darauf hin, dass es in der Luftfahrt keine so hohen Stückzahlen gebe, wie in der Automobilzulieferindustrie. 500 Teile seien in der Luftfahrt bereits eine große Serie. „Da habe ich keine Nullen vergessen“, merkte der Referent an.

Volles Haus beim Workshop der Kooperationspartner ZPT/Netzwerk Hochform und Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald

Tilo Keller

„Eine Zertifizierung bedeutet aber nicht, dass gleich ein Auftrag da ist“, merkte Bott an. Er wies darauf hin, dass es in der Luftfahrt keine so hohen Stückzahlen gebe, wie in der Automobilzulieferindustrie. 500 Teile seien in der Luftfahrt bereits eine große Serie. „Da habe ich keine Nullen vergessen“, merkte der Referent an.

Bott empfahl den Unternehmen zunächst eine solide Analyse, ob entsprechendes Personal und technische Voraussetzungen gegeben seien sowie der grundsätzliche Wille zur Veränderung und Verbesserung vorhanden ist. „Die Zulassung zur Raumfahrt ist eine Langstrecke, keine Kurzstrecke“, warnte er. Mit mindestens sechs bis acht Monaten sei zu rechnen, in der Regel daure es zwölf bis 18 Monate. Die alle zwei Jahre stattfindende Luftfahrtmesse in Berlin bezeichnete er als großes Schaufenster, bei dem sich im nächsten Jahr wieder Unternehmen präsentieren.

Bott machte darauf aufmerksam, dass für Betriebe der Luft- und Raumfahrt besondere Sicherheitsvorschriften gelten, beispielsweise was die Zugangsmöglichkeit zum Unternehmen angeht. „Wenn im Netz steht, dass Sie den Kompass für Airbus liefern, ist der nächste Hackerangriff garantiert“, warnte er. Zudem müssten für die gefertigten Teile auch genaue Dokumentationen angefertigt werden, spezielle Lagervorgaben beachtet und die eingesetzten Prozesse nicht nur messbar, sondern auch steuerungsfähig sein. Zudem muss den Kunden und der regulierenden Behörde ein Zugangsrecht eingeräumt werden.

Matthias Schall, Senior Sales Manager bei DNV, klärte über den Zertifizierungsprozess vor dem Einstieg in die Luft- und Raumfahrt und Verteidigungsindustrie auf.

Tilo Keller

Im zweiten Teil der Veranstaltung berichtete Matthias Schall, Senior Sales Manager bei DNV Business Assurance Zertifizierungs GmbH, über den Zertifizierungsprozess. „Ziel eines Audits ist, Normenkonformität herzustellen. Das Ziel ist nicht eine Abweichung zu finden“, betonte er. „Der Zertifizierer zeigt ihnen letztendlich den Spiegel.“

Schall führte an, dass die Zulieferindustrie für die deutsche Luftfahrtindustrie etwa 300 Betriebe mit 115.000 Beschäftigten umfasse. „Es sind vor allem hochspezialisierte Mittelständler“, stellte er fest. „Da muss man nicht der Größte sein, aber genau wissen, was man tut.“ Interessant sei, wie sich die Branche entwickle. „Die Zahlen gehen alle hoch“, stellte er fest. „Auch wenn wir in Deutschland sagen, der Passagierverkehr geht zurück, so nimmt der Frachtverkehr maximal zu.“ Schall sprach von drei Prozent Wachstum im Schnitt.

In seinem Vortrag lenkte er den Blick auf den Verteidigungsmarkt. „Wir haben etwa 100.000 Menschen, die direkt in der Rüstungsindustrie arbeiten“, sagte er. „Indirekt sind es etwa 450.000 Menschen“, verwies er auf ergänzende Bereiche. Schließlich werden nicht nur Waffen, sondern beispielsweise auch Zelte oder Uniformen gebraucht.

Schall berichtete von seiner Analyse der Umsatzzahlen im Vergleich zur Automobilindustrie. Für das Jahr 2030 schätzte er 600 Milliarden US-Dollar in der Automobilbranche. „Der weltweite Umsatz für die Rüstung ist im Jahr 2023 schon bei 600 Milliarden Euro“, machte er auf das Marktvolumen aufmerksam. „Was wir früher im kalten Krieg ausgegeben haben, ist nicht unbedingt weniger.“ Er betonte, dass ihm die politische Situation nicht gefalle. „Aber das ist die Realität, mit der man sich auseinandersetzen muss“, machte er deutlich.

Freuten sich mit Kooperationspartner TraFoNetz über den guten Besuch des Workshops „Transformation in Zukunftsmärkte“ (von links): Herbert Wackenhut und Björn Lörch für ZPT/Netzwerk Hochform sowie die Referenten Wolfgang Bott und Matthias Schall.

Tilo Keller

Am Ende der Veranstaltung stellten vier Studierende der Hochschule Pforzheim ein Projekt unter der Betreuung von Professor Dr. Bernhard Kölmel vor, der auch als Vorsitzender den Transformationsbeirat im TraFoNetz leitet. Die Masterstudierenden von der Fakultät für Technik haben die Automobilindustrie, die sich neue Märkte erschließt, zum Forschungsgegenstand gemacht. Untersucht werden soll die Ausgangssituation und inwieweit die Verteidigungsindustrie passende Chancen bietet. Im Ergebnis soll es für Unternehmen einen Leitfaden geben, der den Einstig in diesen Markt erleichtert.

Text: Claudia Keller / Fotos Tilo Keller

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