ZMF: Feinkostladen mit vielen verschiedenen Spezialitäten / Der „Macher“ Alexander Heisler
Interview Alexander Heisler/Baden bewegt
Ich treffe Alexander Heisler in seinem idyllischen Garten mit alten Gießkannen, Töpfen, einem Haltestellenschild oder auch einem Portrait seiner selbst an. Heisler lebt in einem 400 Jahre alten Fachwerkhaus in Teningen und ist zuerst Arzt, dann „der Macher“ vom ZMF.
In diesem Sommer findet das 35. Zeltmusik Festival in Freiburg statt, von hier ist es wahrlich nicht mehr weg zu denken und die Oberbürgermeister – zuerst Rolf Böhme, dann Dieter Salomon – haben die Schirmherrschaften stets zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht.

Alexander Heisler praktiziert seit 1986 als Arzt für Allgemeinmedizin in Teningen, sein Mittagessen steht ungeachtet auf dem Tisch, er müsse noch schnell mit einer sehr kranken Patientin telefonieren – indes wird das Essen kälter und es beginnt zu regnen. Wir wechseln in ein gemütlich-chaotisches Haus und hier findet sich ein super schönes Plätzchen. In entspannter Atmosphäre beginnt Heisler aus dem Nähkästchen zu plaudern. 1949 in Königsfeld im Schwarzwald geboren, wuchs er in einer Familie von Landärzten auf. Sein Opa August Heisler gründete mit Unterstützung von Albert Schweitzer im Jahr 1924 die Stiftung „Geistige Nothilfe“ und galt zudem als Anhänger ganzheitlicher Medizin. Vater Wyldbore Heisler führte das Werk weiter. 1952 zählte sein Opa gemeinsam mit Albert Schweitzer übrigens zu den ersten Trägern der Paracelsius-Medaille.
Es verwundert nicht, dass auch Alexander Heisler von dem Virus „Landarzt“ infiziert wurde. Nach seinem Abitur 1969 studierte er Jura, Journalistik und Verhaltensforschung an der Universität München. 1970 nahm er das Studium der Medizin an der Universität Freiburg auf. In dieser Zeit war er auch Filmassistent bei Walter Frentz, dem Kameramann von Leni Riefenstahl. Zudem war er bei den Olympischen Sommerspielen in München 1972 persönlicher Assistent des damaligen IOC-Vizepräsidenten und Präsidenten des Organisationskomitees, David Cecil, 6. Marquess of Exeter.

Alex mit Bryan Ferry
Seine Liebe zur Musik legte ihm sicherlich seine Großmutter in die Gene, sie war Pianistin. „Unser Haus war immer sehr mit Musik verbunden, bei uns gingen viele Künstler ein und aus“. Alexander Heisler spielte damals mit den Musikern am Vormittag Tennis und schlug abends im Konzert deren Notenblätter um. Als 14-Jähriger organisierte er bereits eigene Konzerte.
„Ohne Liftboy wirst du kein Hotelier“ In Freiburg startete Alexander Heisler, wie er sich gerne zurückerinnert, das Experiment an der Uni für die Generation der Konzertgänger von morgen. Er gründete 1972 die Audimax Klassik- und Jazzkonzerte Freiburg, bevor er 1983 das Zelt-Musik-Festival ins Leben rief, für das ihm von Roncalli-Chef Bernhard Paul Zelte geliehen wurden und das mit internationalen Stars, wie Chuck Berry, Bob Geldof, Chris de Burgh oder Ben Harper, in den folgenden Jahren hunderttausende Besucher anzog. Heisler pflegt Freundschaften mit zahlreichen Künstlern, die er meist auch bei seinem Zelt-Musik-Festival in Freiburg begrüßen durfte, so mit Perry Robinson, Konstantin Wecker, Cab Calloway oder Chick Corea.

Seine Premiere feierte das ZMF inmitten der Stadt vor der Uni und am alten Messplatz am 1. Juli 1983. Hier Zelte aufzustellen und nationale, wie internationale Künstler aus Pop, Rock, Klassik, Jazz und Varieté auftreten zu lassen, war ein Ereignis, das es so noch nicht gab. „Das glich schon fast einer Kulturrevolution“, schmunzelt Heisler, der sich Zeit nimmt, selbst mal hierhin, mal dorthin mit seinen Gedanken hüpft und eintaucht in Zeiten, die zwar der Vergangenheit angehören, aber immer noch so präsent und innovativ sind, wie einst. Es waren seine Idee, seine Beharrlichkeit, sein Durchhaltevermögen gespickt mit viel Diplomatie und sein Konzept, mit dem er Freunde, Gönner, Förderer, Stadtverwaltung überzeugen konnte.
So gibt es Sponsoren, wie die Fürstenberg Brauerei, die seit Beginn die Idee unterstützten und auch heuer noch gerne mit ihrer Werbung und ihrem Geld dabei sind. Der große Erfolg dieser Premiere in den Zelten mit rund 40 Veranstaltungen und 50.000 Besuchern zeigte, dass die außergewöhnliche Atmosphäre unter Planen für Publikum und Musiker sehr wohl eine reizvolle Variante eines Konzertraums darstellen kann und eine gelungene Alternative etwas anderen Musikgenusses darstellte.Während des ersten Festivals lernte Heisler seine spätere Frau Antje kennen, eine Sängerin und Musiklehrerin. Heute haben sie drei Kinder und eine untrennbare Liebe zum ZMF. Sohn Frederik ist Schlagzeuger und hat mit seiner Band bereits auf fast allen ZMF-Bühnen gespielt. Sowieso liegt eine unglaublich ruhige freudige Ausstrahlung auf Heislers Gesichtszügen, wenn er so von seiner Familie spricht. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass ein Tag vor dem Interview sein Enkelchen das Licht

Eine der erste ZMF auf dem Augustinerplatz
„Ich bin reingewachsen in die Materie“
Die Bandbreite der auftretenden Künstler und Musikrichtungen sei der Erfolg, betont Heisler, der sich als „Freak“ bezeichnet und seine Offenheit zur Musik verdeutlicht. Ob klassisch oder modern, „Musik ist die schönste Sprache, ohne sie sprechen zu müssen“. Musik sei das Elixier zum Leben, sie belebe, erfrische und heile. Das schönste Instrument für den Festivalgründer ist die Stimme, die kann einem niemand klauen, außer man ruiniert sie sich selbst. Das ZMF sei für ihn ein „gutes Spektrum auf sehr hohem Niveau, dabei kann sich jeder entscheiden, was er dort hören will“.
Das erste ZMF brachte ihm eine überaus schlechte Kritik des Offenburger Tagblattes, die ihm vorhielten einen „Gemischtwarenladen“ anzubieten. „Das trifft das Festival, wie es ist und ich sehe die Kritik eher als Kompliment“, lächelt Heisler. Die Vielfalt sei schließlich der Erfolgsgarant.
Im dritten Jahr 1985 zog das Festival hinaus auf die grüne Wiese des Mundenhof-Tiergeheges, sieben Kilometer vor der Stadt Freiburg. Dieser neue Standort forderte das Improvisationstalent und volle Engagement aller ZMF-Mitarbeiter. Beim dritten Festival war das Gelände noch ein Mais-Stoppelfeld und so musste es mittels Europaletten erst einmal erschlossen werden. „Das ZMF war damit 1985 gewiss einer der Vorreiter im Thema Umweltschutz und Veranstaltungen“, betont Heisler. Bis zum nächsten Festival entstanden dann die ersten Infrastrukturen wie Kanäle, Wasser- und Telefonleitungen in Vereinsarbeit mit Hilfe von Sponsoring vieler ansässiger Firmen, die Jahr für Jahr bis heute weiter verbessert wurden.
