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Die Zukunft des stationären Handels mit Emotion, Digitalem und engagierten Mitarbeitern gestalten

„Region im Blick“ diskutiert beim Netzwerkabend in der Möbel-Schau Norsingen mit Praktikern den Wandel im Handel – Veranstaltungsreihe „Blickpunkt Starkes Netzwerk“

Hochkarätig besetztes Podium beim Netzwerkabend (von links): Moderator Felix Danberg, David Lehr (E. Breuninger Freiburg), Dr. Stefanie Häfele (Jean D’Arcel Cosmetique), Jörg Hieber (Hieber’s Frische Center), Lena Sutter-Kiefer (Sutter Büro und Papeterie) und Werner Gazdek (Möbel-Schau Norsingen).

Gerd Lache

Volles Haus, lebendiger Austausch und ein Thema, das aktueller nicht sein könnte: Der vierte Netzwerkabend der Veranstaltungsreihe „Blickpunkt Starkes Netzwerk“ im Haus der Möbel-Schau in Ehrenkirchen-Norsingen stand unter dem Titel „Handel im Wandel“.

Veranstaltet vom Team des Online-Magazins Region im Blick, namentlich von Dirk Böhme und Daniela Hiebel, brachte der Abend rund 100 geladene Gäste aus der regionalen Wirtschaft zusammen – und war bereits Wochen vorab ausgebucht.

Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, Entscheider, Unternehmen und Interessierte miteinander zu vernetzen und in einem inspirierenden Rahmen aktuelle Herausforderungen und Zukunftsthemen der Wirtschaft zu diskutieren. Moderator Felix Danberg führte pointiert und unterhaltsam durch die Podiumsdiskussion, zu der fünf namhafte Persönlichkeiten aus dem regionalen und überregionalen Handel eingeladen waren: Dr. Stefanie Häfele (Jean D’Arcel Cosmetique), Jörg Hieber (Hieber’s Frische Center), Werner Gazdek (Möbel-Schau Norsingen), David Lehr (E. Breuninger Freiburg) sowie Lena Sutter-Kiefer (Sutter Büro und Papeterie).

Bereits in der Auftaktmoderation wurde deutlich: Handel ist weit mehr als der Austausch von Waren – er ist Teil des sozialen und kulturellen Lebens in den Städten und Gemeinden. Doch wie kann er angesichts der Digitalisierung, der Kaufzurückhaltung und des globalen Wettbewerbs zukunftsfähig bleiben?

Dirk Böhme (rechts) und Daniela Hiebel als Initiatoren der Netzwerkabend-Reihe stellen im Gespräch mit Moderator Felix Danberg ihr Online-Magazin „Region im Blick“ vor.

Gerd Lache

Eine der zentralen Erkenntnisse des Abends war: Der klassische stationäre Handel muss sich neu erfinden – emotionaler, individueller und vernetzter. Stefanie Häfele sprach sich deutlich für „echte Erlebnisse und persönliche Nähe“ aus – in Kombination mit digitalen Innovationen. Erfolgreicher Handel, so ihr Credo, funktioniere heute nur noch als Kombination aus Online-Kanälen, maßgeschneidertem Service und physischer Präsenz. Nur wer seine Kunden kennt, ihnen zuhört und sie dort abholt, wo sie sich aufhalten – analog wie digital – kann langfristig bestehen.

Auch David Lehr von Breuninger betonte die Bedeutung von Emotionen und gelebter Gastfreundschaft: „Marken müssen Herzen gewinnen – das gelingt nur, wenn wir Orte schaffen, an denen Menschen sich wohlfühlen.“ Die Dachterrasse im Breuninger-Haus werde beispielsweise als Treffpunkt für Geburtstage genutzt – ein Zeichen für die emotionale Bindung der Kunden. Breuninger setze zudem gezielt auf Terminservices, personalisierte Kundenansprache, KI-gestützte Tools und eine nahtlose Customer Journey, bei der der Checkout genauso durchdacht sein müsse wie das Shopping-Erlebnis selbst.

Dr. Stefanie Häfele und David Lehr (Mitte) sehen im Gespräch mit Moderator Felix Danberg in einer Kombination aus Online-Kanälen, Kundennähe in Präsenz und konsequentem Service den Schlüssel für einen zukunftsfähigen Handel.

Gerd Lache

Dass Digitalisierung dabei nicht als Bedrohung, sondern als Ergänzung gedacht werden müsse, zeigten alle Diskutierenden übereinstimmend auf. Der Kunde denke längst „kanalfrei“, so Lehr – und genau das müsse auch die Antwort des Handels sein: stationär, online, emotional, effizient – je nach Situation und Bedürfnis.

Jörg Hieber, der Grand Seigneur des Lebensmitteleinzelhandels in Südbaden, brachte eine bodenständige, aber ebenso zukunftsorientierte Perspektive ein. Er orientiert sich an der 5-A-Grundregel: „Alles anders als alle anderen.“ Für ihn steht fest: Wer sich über den Preis definiert, verliert. Hieber setzt auf Qualität, Regionalität, Ruhe und Atmosphäre – und auf konsequente Kundennähe. Statt Plakate und Sonderangebote setzt man bei Hieber auf entspannte Einkaufserlebnisse, ausgebildetes Personal und Authentizität. „Unsere Ware ist der Schauspieler – wir bieten die Bühne“, so Hieber. Im Zentrum stehe dabei immer der Mensch – als Kunde wie als Mitarbeiter. Dass sein Unternehmen gezielt auf eigene Ausbildung setzt – mit Erfolgsprämien, interner Karriereförderung und Wertschätzung – ist dabei ein ebenso bemerkenswerter wie nachhaltiger Ansatz.

Auch Lena Sutter-Kiefer, Geschäftsführerin der traditionsreichen Sutter Papeterie in Freiburg und Vorstand von „Gemeinsam Freiburg e.V.“, unterstrich die Relevanz emotionaler Erlebnisse in der Innenstadt. Der Konsum allein genüge nicht mehr – die Menschen kämen in die Stadt, um inspiriert zu werden. Projekte wie das „Fashion & Food Festival“, Social-Media-Kampagnen und kleinere, charmante Events sollen die Innenstadt wieder zu einem lebendigen Ort der Begegnung machen. Doch sie benannte auch die Hürden: die Verkehrssituation, fehlende Parkplätze, hohe Mieten und die ablehnende Haltung gegenüber verkaufsoffenen Sonntagen, bei der insbesondere die Gewerkschaft ver.di die Entwicklung ausbremsen würde.

Die Podiumsgäste Jörg Hieber und Lena Sutter-Kiefer diskutieren engagiert über neue Konzepte im Handel.

Gerd Lache

Werner Gazdek, Geschäftsführer der Möbel-Schau Norsingen, sprach sich für eine neue Definition von Handel aus – jenseits von reiner Verkaufsfläche. „Es geht um Atmosphäre, Beratung, Erlebnis. Der Onlinehandel kann das nicht bieten – wir schon.“ Möbelhäuser müssten sich ähnlich wie Innenstädte neu erfinden und Erlebnisse schaffen, die bleiben. Wichtig sei aber auch, die digitale Reichweite zu nutzen: Social Media, ein professioneller Web-Auftritt und emotionale Bildsprache seien unerlässlich, um die Kunden auch außerhalb des stationären Geschäfts zu erreichen.

In der Diskussion wurde auch deutlich: Die Politik sei gefragt, mit passenden Rahmenbedingungen zu unterstützen. Smarte Verkehrskonzepte, kombinierte Mobilitätslösungen und mehr Verständnis für die Belange des Handels seien nötig, um Frequenz zurück in die Städte zu bringen. Vor allem müsse man den Kunden in den Fokus stellen – nicht nur aus Sicht der Händler, sondern auch aus Sicht der Stadtplanung, wie David Lehr betonte.

Nicht zuletzt ging es auch um Nachhaltigkeit – ein Thema, das alle Teilnehmenden ernst nahmen, aber unaufgeregt und glaubwürdig bespielten. Von regionaler Beschaffung über transparente Lieferketten bis hin zu Clean-Beauty-Konzepten und Energieeinsparung in Gebäuden – nachhaltiges Handeln werde nicht lauthals beworben, sondern gelebt.

Ähnlich wie Innenstädte müssen sich auch Möbelhäuser neu erfinden“, sagt Werner Gazdek, Geschäftsführer der Möbel-Schau Norsingen

Gerd Lache

Fazit des Abends: Der Wandel im Handel ist Realität – aber er ist nicht das Ende, sondern eine Chance. Wer den Mut hat, sich neu zu erfinden, echte Beziehungen aufzubauen und aus dem Einkauf ein Erlebnis zu machen, kann auch in Zeiten von Amazon, Inflation und Personalknappheit bestehen. Genau dafür bot der Netzwerkabend in Norsingen eine inspirierende Bühne.

Vor einem interessierten Fachpublikum diskutiert Moderator Felix Danberg über „Handel im Wandel“ und neue Konzepte.

Gerd Lache
Text/Bild: BadenPresse/Gerd Lache

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