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Ein Kompass für medizinische Orientierung

 | Henrik Schwiedeßen

Ein Krankenhausaufenthalt kann für viele Menschen eine Herausforderung sein – sei es durch Unsicherheiten, fehlende Informationen oder die ungewohnte Umgebung. Martin Huber hat sich zum Ziel gesetzt, genau hier Unterstützung zu bieten. Mit klinikkompass.de und ergänzenden digitalen Angeboten möchte er Patienten helfen, sich besser auf ihren Klinikaufenthalt vorzubereiten und ihre Gesundheitskompetenz zu stärken. In diesem Interview spricht er über die Entstehung seiner Initiative, seine Motivation und die Zukunftsperspektiven seiner Projekte

Henrik Schwiedeßen

Für Henrik Schwiedeßen steht der Mensch – und die Menschlichkeit – im Mittelpunkt jeder gesundheitlichen Entwicklung. Auf dem Weg zu einem gesunden Leben ist Kommunikation weit mehr als nur Informationsvermittlung: Sie schafft Verbindung, Vertrauen und ist der Grundstein für Gesundheit.
Als Gründer von valebis – Kommunikation für Gesundheit bringt er seine langjährige Erfahrung aus leitenden Positionen in renommierten Agenturen in Freiburg ein. Henrik Schwiedeßen ist spezialisiert auf Gesundheitskommunikation und bereitet medizinische Inhalte verständlich, empathisch und strategisch fundiert auf – für Fachkreise wie auch für Patient:innen.
Mit seiner Expertise begleitet er Unternehmen der Gesundheitsbranche dabei, ihre Kommunikation glaubwürdig, menschlich und wirkungsvoll zu gestalten

Region im Blick (Henrik Schwiedeßen): Herr Huber, wie ist die Idee zu klinikkompass.de entstanden? Was hat Sie dazu bewogen, diese Plattform ins Leben zu rufen?

Martin Huber: Die Idee entstand aus meiner eigenen Erfahrung als Patient. Ich war selbst betroffen – ein Kopftumor, der jahrelang unerkannt blieb, hat mich durch eine schwere Zeit begleitet. Ständige Beschwerden wie Schwindel, Tinnitus und starke Nervenschmerzen haben mich enorm belastet. Als dann 2018 in der Universitätsklinik Freiburg die Diagnose kam und der Tumor operiert wurde, habe ich am eigenen Leib erfahren, wie überwältigend ein Krankenhausaufenthalt sein kann.

Region im Blick: Das heißt, obwohl Sie als Gesundheits- und Krankenpfleger und Berufsschullehrer in der Pflege viel Erfahrung hatten, waren Sie trotzdem in dieser Situation unsicher?

Martin Huber: Genau! Ich dachte immer, ich kenne das System – schließlich habe ich in vielen Kliniken gearbeitet. Doch als ich selbst als Patient in den OP-Saal geschoben wurde, war das eine ganz andere Realität. Plötzlich war ich nicht mehr derjenige, der anderen hilft, sondern derjenige, der auf Hilfe angewiesen ist. Das hat mich nachdenklich gemacht: Wenn es mir schon so geht, wie muss es dann erst Menschen ergehen, die keinerlei Vorkenntnisse über Krankenhäuser, Medizin oder Pflege haben?

Region im Blick: Und daraus entstand dann die Idee für klinikkompass.de?

Martin Huber: Ganz genau. Ich wollte einen Ratgeber aus Patientenperspektive entwickeln. Daraus wurde dann die AKTIV-Formel und die KOMPASS-Strategie – ein Konzept, das wichtige Informationen und Tipps auf einen Blick zusammenfasst. Ziel ist es, Menschen eine sichere und strukturierte Vorbereitung auf ihren Krankenhausaufenthalt zu ermöglichen.

Region im Blick: Wie hat sich Ihre Vision seitdem weiterentwickelt?

Martin Huber: Was als Informationsplattform begann, ist inzwischen viel mehr. Wir möchten Patienten nicht nur informieren, sondern sie aktiv begleiten – von der Vorbereitung über den Aufenthalt bis hin zur Entlassung. Unsere Mission ist es, die Gesundheitskompetenz der Menschen zu stärken, sodass sie selbstbewusst und gut vorbereitet ins Krankenhaus gehen können.

Region im Blick: Dazu haben Sie den Krankenhausaktiv-Kurs und die ClinicCoach-App entwickelt. Was genau bieten diese an?

Martin Huber: Der Krankenhausaktiv-Kurs ist ein Online-Programm, das Patienten Schritt für Schritt auf ihren Aufenthalt vorbereitet. Dank eines startsocial-Stipendiums konnten wir dieses Angebot umsetzen. Die ClinicCoach-App ergänzt das Ganze digital – sie begleitet die Patienten während ihres gesamten Klinikaufenthalts. Sie gibt Informationen, motiviert und hilft, den Überblick zu behalten.

Region im Blick: Welche konkreten Angebote gibt es für Patienten auf Ihrer Plattform?

Martin Huber: Wir bieten umfassende Informationen zu Patientenrechten, hilfreiche Checklisten für den Krankenhausaufenthalt und ein Krankenhaus-ABC, das Orientierung gibt. Unser Fokus liegt darauf, Unsicherheiten abzubauen und Menschen bestmöglich vorzubereiten.

Region im Blick: Richtet sich klinikkompass.de nur an Patienten in Deutschland oder auch an internationale Patienten?

Martin Huber: Der Hauptfokus liegt auf inländischen Patienten und ihren Angehörigen. Aber wir merken, dass das Interesse von internationalen Patienten steigt – insbesondere durch den Medizintourismus in Deutschland.

Region im Blick: Sie haben bereits die AKTIV-Formel angesprochen. Können Sie uns noch genauer erklären, was dahintersteckt?

Martin Huber: Die AKTIV-Formel ist eine Gedächtnisstütze, die Patienten hilft, sich aktiv vorzubereiten und eine selbstbestimmte Rolle einzunehmen. Das "A" steht für Ansprechpartner, was bedeutet, dass Patienten sich gezielt nach Unterstützern umsehen sollten, sei es der ehrenamtliche Besuchsdienst, ein Patientenfürsprecher oder Selbsthilfegruppen. Das "K" steht für Krankheit, denn ein gutes Verständnis der eigenen Erkrankung hilft dabei, Symptome besser zu erkennen, Komplikationen vorzubeugen und aktiv an der Behandlung mitzuwirken. Mit "T" wie Tasche wird die Vorbereitung auf den Krankenhausaufenthalt erleichtert, indem alle notwendigen Unterlagen, persönliche Dinge und Waschutensilien bereits im Vorfeld zusammengestellt werden. Das "I" steht für Informationen, die sich Patienten aktiv beschaffen sollten – sei es über behandelnde Ärzte, verfügbare Krankenhäuser oder spezifische Behandlungsangebote. Abschließend steht das "V" für Vorbeugen, um durch gezielte Maßnahmen wie Bewegungsübungen oder Hygiene das Risiko für Komplikationen wie Thrombosen oder Infektionen zu minimieren. Diese fünf Bausteine geben Patienten eine klare Struktur und erleichtern ihnen den Umgang mit der Situation im Krankenhaus.

Region im Blick: Wie erleichtert diese Formel die Entscheidungsfindung für Patienten?

Martin Huber: Sie bietet eine klare Struktur. Patienten wissen genau, worauf sie achten müssen und können informierte Entscheidungen treffen. Das reduziert Unsicherheiten und macht sie aktiver in ihrem eigenen Heilungsprozess.

Region im Blick: Sie haben auch eine App entwickelt, die ClinicCoach-App. Was genau kann diese?

Martin Huber: Die App ist quasi ein digitaler Begleiter. Sie enthält alles, was man für einen Krankenhausaufenthalt braucht: Informationen zur Aufnahme, eine Checkliste für die Krankenhaustasche, FAQs zu Klinikabläufen, eine Tagebuchfunktion, Unterstützung für die Entlassung und sogar eine Community zum Austausch mit anderen Patienten. Auch ein Experten-Chat ist integriert, um Fragen an Fachleute oder Sozialverbände zu stellen.

Region im Blick: Was unterscheidet klinikkompass.de von anderen Gesundheitsplattformen?

Martin Huber: Zum einen sind wir eine ehrenamtliche Initiative, unabhängig von kommerziellen Interessen. Zum anderen liegt unser Fokus auf dem Patienten selbst – wir möchten nicht nur informieren, sondern auch das Gefühl von Sicherheit und Eigenständigkeit vermitteln. Es geht nicht darum, ein weiteres Bewertungsportal für Kliniken zu sein, sondern um echte Hilfe von Patienten für Patienten.

Region im Blick: Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell im digitalen Gesundheitssektor?

Martin Huber: Die größte Herausforderung ist Vertrauen. Viele Menschen sind skeptisch gegenüber digitalen Gesundheitslösungen. Deshalb setzen wir auf Transparenz und einfache Bedienbarkeit. Zudem entwickelt sich die Technologie rasant weiter – da müssen wir immer am Ball bleiben und unsere Plattform stetig optimieren.

Region im Blick: Wie stellen Sie sicher, dass die Beratung auf klinikkompass.de objektiv und ethisch vertretbar bleibt?

Martin Huber: Wir sind unabhängig und nicht von kommerziellen Interessen beeinflusst. Unser Ziel ist es, eine neutrale, vertrauenswürdige Informationsquelle zu sein. Transparenz ist uns besonders wichtig – unsere Inhalte sind klar strukturiert und unsere Partner offen einsehbar.

Region im Blick: Wie wichtig ist Ihnen das Feedback der Nutzer?

Martin Huber: Extrem wichtig! Wir haben mit der Hochschule Ravensburg-Weingarten einen Evaluierungsprozess entwickelt. Über einen Fragebogen erfassen wir regelmäßig, wie gut unsere Angebote ankommen. So können wir die Plattform gezielt weiterentwickeln und noch besser an die Bedürfnisse der Patienten anpassen.

Region im Blick: Wo sehen Sie klinikkompass.de in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Martin Huber: Wir möchten die Plattform weiter ausbauen – zu einem umfassenden digitalen Patientenbegleiter. Unser Ziel ist es, Menschen nicht nur auf ihren Krankenhausaufenthalt vorzubereiten, sondern ihnen langfristig eine bessere Orientierung im Gesundheitssystem zu bieten. Patienten sollen sich sicher fühlen, gut informiert und aktiv an ihrem Heilungsprozess beteiligt sein.

Dipl. Pflegepädagoge Martin Huber ist ein deutscher Pflegepädagoge mit Schwerpunkt in Patientenedukation, klinischer Kommunikation und Selbsthilfeförderung. Eigene Erfahrungen als Patient nach der Diagnose eines Kopftumors prägten seinen beruflichen Weg maßgeblich.

Er unterstützt Patienten und Angehörige beim Krankenhausaufenthalt mit dem Infoportal klinikkompass.de, der ClinicCoach-App sowie dem Krankenhausaktiv-Kurs. Sein Ziel ist es, durch verständliche Informationen und praktische Tipps mehr Sicherheit und Selbstbestimmung im Klinikalltag zu fördern.

Seine Arbeitsfelder umfassen die Entwicklung patientenzentrierter Informationsmaterialien, die Schulung von Patientenkompetenzen sowie die Förderung aktiver Mitgestaltungsmöglichkeiten im Gesundheitswesen. Weitere Angebote und hilfreiche Informationen finden sich auf klinikkompass.de.