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Nachrichten aus Blickpunkt: Moderne Frauen

Leonie und Samira lassen sich in typischen Männerberufen ausbilden

In der Schmolck-Familie sind die beiden jungen Damen angekommen – Ziel KFZ-Mechatronikerin im PKW-Bereich und bei den Nutzfahrzeugen

Neuwagen, Gebrauchtwagen, Nutzfahrzeuge und seit über 75 Jahren am Standort Emmendingen: heute geht es um die große Schmolck-Familie, die nunmehr in 3. und 4. Generation geführt wird. Angefangen hat einst alles 1947, als Emil Schmolck einen Betrieb, in dem er Landmaschinen verkaufte und reparierte, gepachtet hatte. Heute, viele Jahrzehnte später steht das Unternehmen als überaus moderner Ansprechpartner verschiedener Marken, für Reparaturen und auch in punkto elektrischer Mobilität als kompetenter, vertrauensvoller Partner zur Seite.

Die 21-jährige Leonie aus Vörstetten (1. Ausbildungsjahr PKW-Mechatronikerin)

So modern und weitsichtig, ja zukunftsorientiert, dass in der Männerdomäne „Nutzfahrzeug-Mechatroniker“ auch eine junge Dame derzeit im ersten Ausbildungsjahr zu finden ist. „Region im Blick“ wollte wissen, wie sich gleich zwei Damen, die 21-jährige Leonie aus Vörstetten (1. Ausbildungsjahr PKW-Mechatronikerin) und Samira, 17 Jahre aus Broggingen (1. Ausbildungsjahr Nutzfahrzeug-Mechatronikerin) in den typischen Männerberufen fühlen und warum sie diesen Weg eingeschlagen haben.

Da die technischen Azubis im Februar Ihre Ausbildung beendet haben, sind momentan 65 Auszubildende bei Schmolck in Emmendingen und Müllheim beschäftigt. Davon 30 kaufmännische Auszubildende und 35 technische Auszubildende. Insgesamt handelt es sich um 20 weibliche Auszubildende, was etwa einem 30%igen Anteil entspricht. Übrigens stehen 14 Ausbildungsberufe und duale Studiengänge zur Auswahl. Die Perspektiven nach einer Ausbildung oder einem dualen Studium sind hier gut, die Übernahmequote ist hoch, weiß Marketing- und Ausbildungsleiter Michael Gleichauf.

Dennoch, gerade im Bereich der Nutzfahrzeuge ist Samira die bisher gerade einmal zweite Auszubildende, die diesen Bereich erlernen will. Dass es sich bei den beiden Berufen noch immer um eine Männerdomäne handelt, zeigen die Zahlen aus den Berufsschulen. Bei Samira sind fünf junge Damen in der Klasse, allerdings keine von ihnen aus dem Nutzfahrzeugbereich und bei Leonie, die in Emmendingen die Berufsschule besucht ist sie die einzige.

Samira, 17 Jahre aus Broggingen (1. Ausbildungsjahr Nutzfahrzeug-Mechatronikerin)

Warum man sich für diese Ausbildung interessiert, beantwortet Leonie folgendermaßen: „Daheim war das Auto schon immer ein Thema für mich, der Opa hat hier beruflich zu tun gehabt und ich fahre Mountainbike als Hobby.“ Die Komponenten einer Enduro – wie sie Leonie liebt - sind für rasante Abfahrten im Gelände ausgelegt. Sie müssen größeren Kräften bei Sprüngen und in ruppigem Gelände standhalten. Und so unerschrocken steht die junge Frau im Leben, das ist deutlich spürbar. Außerdem spielt Leonie Einradhockey, wenn es ihre Zeit erlaubt.


Nach dem Abi war für Leonie klar, eine Kfz-Lehre muss sein. Dreieinhalb Jahre wird sie nun für den Beruf der PKW-Mechatronikerin lernen, danach bieten sich ihr viele Möglichkeiten, weiterzumachen. Jetzt, nach dem ersten halben Ausbildungsjahr fühlt sich die taffe, junge Frau bestätigt, „das ist das Richtige für mich.“ Ihr Freundeskreis findet es cool, dass sie einen eher untypischen Frauenberuf erlernt, die Jungs – Leonie lacht – da sei sie bereits die Fachfrau, wenn es um Autothemen geht.

Leonie aus Vörstetten

Für Samira war es in der 7. Klasse klar, dass sie etwas mit Autos machen will. Zuerst war hier noch die Überlegung, eine Schreinerlehre in Betracht zu ziehen, aber aufgrund einer Stauballergie war die wieder raus. Ein Nachbar von ihr arbeitet bei Schmolck im Nutzfahrzeugcenter – hier stehen die großen LKW’s, Landmaschinen, Sprinter & Co. und so bewarb sich Samira um ein Praktikum. „Das war das Beste Praktikum, das ich gemacht hatte und so habe ich mich beworben“. Schon zu Hause hat sich Samira immer darum gekümmert, wenn es handwerklich etwas zu tun gab. „Aber das war mir zu klein und jetzt bei den Nutzfahrzeugen, da fühle ich mich gut aufgehoben“, lacht sie. Ihre Familie ist stolz, ihre beste Freundin will immer alles von der Ausbildung wissen, „auch wenn sie das gar nicht alles versteht“, sagt Samira und die Jungs fragen eher skeptisch, ob sie das hinkriegt.

Samira, aus Broggingen

Schwarze Finger kann man waschen

Sich dreckig machen und schwarze Finger haben, gehört bei beiden jungen Damen dazu – da stehen sie drüber – man kann sich ja wieder waschen. Allerdings hat es hier Leonie deutlich besser, weil Autos einfach sauberer sind als die Großen.
Während, wie geschrieben, Leonie in ihrer Freizeit Enduro fährt, hat Samira die Herbolzheimer Feuerwehr als Ehrenamt ausgesucht, hier absolviert sie derzeit ihre Grundausbildung. Beiden ist bewusst geworden, dass eine Ausbildung ein einschneidendes Ereignis im Leben ist. Die ersten Monate waren beide „platt“ nach einem Arbeitstag und froh, nichts mehr machen zu müssen. Inzwischen haben sie sich daran gewöhnt und können sich auch wieder ihren Hobbys widmen. Im Nutzfahrzeuge-Center wird im 3-Schicht-Betrieb gearbeitet, auch samstags und mit einem Notdienst rund um die Uhr, denn Lastwagen sind Unikate und jede Stunde, die diese Lkw stehen, kosten eine Menge Geld. Ersatz gibt es für die individuellen Fahrzeige eh nicht.

Es gibt keine Frauen-Quote – es muss passen

Für Michael Gleichauf spielt es keine Rolle irgendeine Frau-Quote zu erfüllen. Wer sich bewirbt und in die Schmolck-Familie passt, wird eingestellt. Der Frauenanteil im Unternehmen liegt aktuell bei etwa 35-40 Prozent. Hier sind die kaufmännischen Bereiche federführend. „Wir sind offen für Diversität, das wird bei uns hier gelebt und in erster Linie geht es doch um Berufe mit Zukunft, die beide erlernen.“

„Wir fühlen uns auch ohne gendern angesprochen“

Gerade ein weitverbreitetes Thema: das Gendern. Die jungen Damen halten davon nicht so viel, fühlen sich angesprochen, auch wenn die Gender-Form fehlt. Leonie sieht hierin „viel zu viel an bürokratischen Aufwand“ und Samira achtet gar nicht erst auf die Anredeform. Allerdungs gibt Samira zu bedenken, dass gerade ältere Männer noch nicht die richtige Akzeptanz für junge Frauen haben, die in der Männerdomäne einschreiten. Samira möchte nicht mit Samthandschuhen währen ihrer Ausbildung angefasst werden, würde sich aber manchmal über mehr Weitblick freuen, denn noch fühlt sie sich oft als Exotin. Leonie schmunzelt hier und teilt mit, dass die Kunden, mit denen sie als angehende PKW-Mechatronikerin Kontakt hat, das super finden – vor allem die männlichen Kunden.

Was für Leonie deutlich besser laufen könnte, sind Unterrichtsaufteilung und Themen mit einem praxisorientierten Lehrplan und alles aufeinander abgestimmt. „Das Schulsystem muss sich revolutionieren“, erklärt Gleichauf.

Auszubildenen im Allgemeinen geht es recht gut in der Schmolck-Familie. Ihre Vergütung ist im oberen Bereich angesiedelt, sie erhalten die Möglichkeit Hanse Fit zu nutzen und sie werden ernst genommen. Angeboten wird außerdem ein Auslandspraktikum. Die beiden selbstbewussten jungen Frauen sind sich einig, den richtigen Ausbildungsplatz gewählt zu haben. Beide erreichen in der Männerdomäne noch mehr Selbstsicherheit und Durchsetzungsvermögen für ihr weiteren Leben. „Man muss sich was trauen, musss mutig sein und darf sich nicht unterdrücken lassen“, bringt es Samira auf den Punkt.

Bei PC-Kenntnissen sind die jungen Damen eine absolute Bereicherung

Wo sich Leonie sicher ist: „Die Älteren hier profitieren allemal von uns und unseren PC-Kenntnissen, denn da sind wir eine Bereicherung mit dem, was wir wissen und da bringen wir uns doch gerne ein.“

Leonie und Samira werden ihren Weg gehen und gut meistern in einer heute noch Männer bestimmten Welt. DANKE für euren Mut und eure Zielstrebigkeit, hier auch winzige Veränderungen herbeizuführen, die der allgemeinen Akzeptanz förderlich sind. Nein, es geht nicht um eine Frauenquote, sondern darum, dass sich Frauen in augenscheinlichen Männerberufen durchaus wohlfühlen und etablieren können. Das ist die Zukunft.

Infokasten zur Ausbildung Kraftfahrzeugmechatroniker mit dem Schwerpunkt Nutzfahrzeugtechnik:

Kraftfahrzeugmechatroniker mit dem Schwerpunkt Nutzfahrzeugtechnik halten Nutzfahrzeuge aller Art, z.B. Sattelschlepper und Unimogs, instand. Sie testen z.B. die Beleuchtung, führen Fahrwerksvermessungen durch, prüfen die Befestigungspunkte von An- oder Aufbauten und kontrollieren die Funktion beweglicher Einrichtungen wie Greifarme oder Feuerwehrleitern. Mithilfe elektronischer Mess- bzw. Diagnosegeräte prüfen sie den Zustand von Bremsanlagen, Antriebsaggregaten, Motormanagement- oder Fahrerassistenzsystemen. Sie schmieren bewegliche Teile ab, tauschen defekte elektrische oder mechanische Bauteile aus, beheben Schäden an der Karosserie und wechseln Schmierstoffe, Brems- und Hydraulikflüssigkeiten. Auf Wunsch bauen sie auch Zusatzeinrichtungen, z.B. Einrichtungen zur Abstandsmessung, Navigationsgeräte, Funk- oder Freisprechanlagen, ein.

Ausbildungs-Dauer: 3,5 Jahre / Erstes Schuljahr in Freiburg /Zweites bis viertes Schuljahr in Breisach

Text: Heike Scheiding für Region im Blick / Fotos: Dirk Böhme

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