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Gedenktag für Sternenkinder - Worldwide Candle Lighting am 2. Advent - Sonntag, 10. Dezember

Jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember stellen seit vielen Jahren Betroffene rund um die ganze Welt um 19 Uhr brennende Kerzen in die Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, so dass eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt. Jedes Licht im Fenster symbolisiert, dass diese Kinder das Leben erhellt haben und das sie nie vergessen werden. Das Licht steht außerdem für die Hoffnung, dass die Trauer das Leben der Angehörigen nicht für immer dunkel bleiben lässt. Und das Kerzenlicht schlägt Brücken von einem betroffenen Menschen zum anderen, von einer Familie zur anderen, von einem Haus zum anderen, von einer Stadt zur anderen, von einem Land zum anderen.

Bei meiner Recherche zu diesem Thema erhielt ich sehr viel unterstützende Hilfe, Anregungen, Tipps, Informationen. Man kann das alles gar nicht in einer Reportage zusammenfassen, dafür braucht es viel mehr. Ich habe mich dabei als Journalistin dazu entschlossen, mich auf einige, mir wichtige Punkte zu konzentrieren, wohl in dem Wissen, dass es noch so viel mehr zu berichten gäbe. Obwohl ich sehr früh mit meiner Recherche begonnen habe, so entwickelte sich immer mehr und immer mehr.
Manche Zahlen haben mich erschreckt, manche liebevollen Hilfen zutiefst berührt – Sternenkinder sind für mich weitaus mehr geworden, als ein Thema, sie sind zu einem Herzensthema geworden. Und ich kann nur allen Betroffenen mein tiefstes Mitgefühl aussprechen und daneben den Mut, auch Hilfen in Anspruch zu nehmen. Denn es gibt viele Menschen, die auch als Betroffene Selbsthilfegruppen und ähnliches ins Leben gerufen haben, Bestatter und Trauerredner, Steinmetze und Stadtverwaltungen, die hierfür Orte und Symbole schaffen, die Trauer zulassen und an die man sich zurückziehen kann. Und ganz wichtig, Orte an denen die Erinnerung bleibt.

Sternkinderfelder als Orte der Trauer und der Bestattungen

Für die Meisten unvorstellbar, für Viele trotzdem wahr: Ihr Kind wurde tot geboren! Der unermessliche Schmerz über den Tod eines Kindes und die Trauer darüber verändern nicht nur das Leben der Eltern, sondern auch der Geschwister, Großeltern, Tanten und Onkel, der gesamten Familie. Bevor ein Leben beginnt sich zu entfalten, ist es bereits wieder zu Ende und alle Zukunftspläne sind zunichte. Stirbt ein Kind in der Schwangerschaft, kurz vor der, bei, oder direkt nach der Geburt, redet man von Sternenkindern. Und genau hier hat die Stadt Herbolzheim im Dezember 2020 im Zuge eines Umgestaltungsprozesses des Friedhofes, ein Sternenkinderfeld angelegt und einweihen können.

„Unser Ziel ist, die Friedhöfe nicht nur als reinen Bestattungsort zu sehen. Wir wollen den Friedhof zu einem Ort weiterentwickeln an den Menschen in ihrer Trauer kommen, um den Verlust nach und nach verarbeiten zu können“, erklärt Bürgermeister Thomas Gedemer. Für Angehörige, deren Kind in der Schwangerschaft oder bei der Geburt verstorben ist, gab es bisher auf dem Friedhof keinen speziellen Ort um zu trauern. Eine Projektgruppe hat sich der Thematik angenommen, sich planerisch, inhaltlich und gestalterisch eingebracht.

Mitglieder dieser Projektgruppe waren: Julia Schaub (bis Sommer 2020 Mitarbeiterin im Rathaus), Hans-Jörg Haas (Gartenbauingenieur und Mitglied im Ortschaftsrat Bleichheim) und Christina Gedemer (Gemeindereferentin in Familienzeit und ehrenamtliche Trauerbegleiterin).

Ort für Liebe und Trauer
Das Sternenkinderfeld ist eine eigene Fläche auf dem oberen Herbolzheimer Friedhof und ganz besonders angelegt. Um die Kindergräber herum wurde eine große Kreisfläche geschaffen. In einem Teil dieses Kreises ist ein Beisetzungsort für totgeborene Kinder angelegt. Dieser Teil hat die Form eines Sternes und ist das neue Sternenkinderfeld. Außerdem können hier Menschen, die um ein Kind trauern, welches aber nicht hier beerdigt ist, Symbole, Blumen oder Kerzen ablegen. Durch die Gestaltung des ganzen Feldes in Kreisform und die entsprechende Bepflanzung, ist ein Ort mit einer ganz besonderen Atmosphäre entstanden. Dieser bietet Eltern, Geschwistern, Großeltern und weiteren Angehörigen von verstorbenen Kindern – ein wenig abseits vom Friedhofsgeschehen – einen geschützten Raum für ihre Trauer.

Die Stele als Zentrum

Das Besondere: In Zusammenarbeit mit der oben genannten Arbeitsgruppe und einem ersten Entwurf von Hans-Jörg Haas hat der Weisweiler Künstler Bernd Karcher für den Mittelpunkt eine Stele geschaffen. Christina Gedemer erklärt die Symbolik hierzu folgendermaßen: „Die Stele ist aus Edelstahl gefertigt und weist die Form einer sich öffnenden Blume auf. Der Edelstahl als kaltes Material weist auf den Tod des Kindes hin, so wie dieser vielfach von Angehörigen empfunden wird: Kalt und hart. Im Innern des Blumenstiels hat der Künstler goldene Farbe verwendet, diese soll die Liebe der Eltern für ihr Kind symbolisieren: Diese Liebe hält über den Tod hinaus und ist kostbar und rein wie pures Gold. Das Bild der Blume zeigt dabei auf, dass etwas Anderes, Neues gewachsen ist – eine Verbindung zwischen Erde und Himmel. Es ist etwas aufgeblüht, anders als erwartet und erhofft. Dafür steht die blaue Glaskugel aus der Glasbläserei Wolfach, die in der Blüte angebracht ist. Sie weist darauf hin, dass Eltern ihr verstorbenes Kind immer im Herzen tragen und sich immer an ihr Kind erinnern werden. Komplettiert wird dieses Sternenkinderfeld durch Bänke, um hier diese besondere Atmosphäre aufnehmen zu können, inne zu halten und zu verweilen.

Kreishandwerksmeister Martin Schubnell

Christina Gedemer (Gemeindereferentin/Trauerbegleiterin)

Oft ist es die Unsicherheit

Christina Gedemer (Gemeindereferentin/Trauerbegleiterin) weiß aus Erfahrung um den unstillbaren Schmerz und steht Heike Scheiding gerne zu diesem Thema zur Verfügung. „Viele Eltern und Familien sind damit konfrontiert, dass ein Kind totgeboren wurde. Und zudem, dass sie selbst tief trauern, erleben sie in ihrem Umfeld oft Schweigen. Ich denke, das kommt aus der Unsicherheit und vielleicht auch aus einer Überforderung heraus, weil man nicht weiß, wie man damit umgehen soll. Das Thema ist da, aber in der Gesellschaft nicht präsent“, erklärt sie. Man dürfe dieses Thema nicht totschweigen, „es sind viele Eltern, denen das passiert und da fehlt oft der Raum und ein Ort zum Trauern“. Manche Frauen hätten solch eine traurige Erfahrung ihr Leben lang nicht überwinden können, weil sie einfach schnell wieder in den Alltag zurückgekehrt sind, ohne der Trauer entsprechend Platz einzuräumen.
Glücklicherweise habe sich in den letzten Jahren hier einiges gewandelt und Sternenkinder rücken mehr in den Fokus, man treffe auf mehr Offenheit und auch die Entbindungsstationen in den Kliniken gingen anders mit dem Thema um. Christina Gedemer erzählt mir, wie sie zu diesem speziellen Thema gekommen ist und wie sie heute Frauen helfen möchte, denen solch ein Schicksal widerfahren ist. Sie selbst war bei der Geburt ihrer Nichte mit dabei und bereits zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass das Baby sterben wird. Das Baby konnte nur im Bauch überleben, nach der Geburt stellte sich unweigerlich der Tod ein, da die Lunge nicht ausgebildet war. „Meine Nichte lebte 40 Minuten, dann ist sie gestorben. Es war eine viel zu kurze Lebenszeit die wir mit ihr verbringen konnten. Das war vor acht Jahren und ja, man verkraftet das, aber die Trauer begleitet Eltern oft ein Leben lang“, sagt Christina Gedemer. Gerade auch zu besonderen Anlässen wie Kindergarten, Einschulung, Kommunion oder Konfirmation, 18. Geburtstag und so weiter wird man immer wieder schmerzhaft an den Verlust erinnert.

Ein wertvoller Platz für die Trauer

Nach einer Friedhofsbegehung zählte Christina Gedemer zu den Initiatoren, die den Sternenkindern und ihren Angehörigen einen geschützten Raum geben wollten. „Das Sternenkinderfeld ist in den vergangenen Jahren nicht nur für junge Eltern ein wichtiger Ort geworden. Gerade auch Frauen, bei denen der Verlust ihres Kindes oder ihrer Kinder jahrelang zurückliegt, Frauen, die in der sogenannten Mitte des Lebens stehen, oder ältere Frauen sprechen mich an, schreiben Mails und erzählen von ihren Kindern die gestorben oder totgeboren sind. Diese Geschichten berühren mich sehr. Sie haben endlich einen Platz für ihre Trauer gefunden. Selbst nach vielen Jahren scheint dies wichtig zu sein.“  Sie selbst ist immer wieder dort oben auf dem Herbolzheimer Friedhof am Sternenkinderfeld, an dem auch Kinder bestattet sind, um nach dem Rechten zu sehen.  Dieser Platz mit Sitzbänken und wunderbarem Blick auf die Stele lässt innehalten. Dass Frauen und Männer, Mütter und Väter ganz unterschiedlich trauern, weiß Christina Gedemer aus ihrer Arbeit und der Beschäftigung mit diesem Thema. Sie sagt: „Jeder Mensch trauert anders und gerade beim Verlust eines Kindes bedarf es einer sehr einfühlsamen Begleitung. Man kann keinen allgemeingültigen Rat geben, aber für viele betroffene Eltern ist es wichtig, eine Erinnerung an ihr Kind zu haben. Dafür gibt es unterschiedliche Dinge: Ein Fußabdruck des Kindes, eine Fotografie, das Mützchen aus der Klinik, eine besondere Kerze oder eine Art Schatzkiste für dieses Sternenkind“, rät sie. Zur Unterstützung der Eltern gäbe es unterschiedliche Anlaufstellen, so beispielsweise der Verein verwaister Eltern, oder ehrenamtliche Fotografen.  Ihr großes Anliegen sei es, deshalb engagiert sie sich auch so stark im Ehrenamt, dass die Kinder einen Platz bekommen und die Eltern einen Ort, an dem sie trauern können. Sie selbst ist ehrenamtliche Trauerbegleiterin der Seelsorgeeinheit und hat dabei den Schwerpunkt der Sternenkinder. In Herbolzheim wurden inzwischen Kinder im Sternenkinderfeld begraben. Da viele Kinder in den umliegenden Krankenhäusern wie Lahr, Emmendingen oder Freiburg geboren werden, entscheiden sich auch viele Eltern dafür, ihre Kinder dort zu beerdigen. Christina Gedemer sei im Kontakt mit den Frauenärztinnen in Herbolzheim, sowie mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen in Endingen, die hier ebenfalls ein Sternenkinderfeld planen. Insgesamt würde sie sich eine stärkere Vernetzung der einzelnen Initiativen wünschen, und hofft, dass sich dies in den nächsten Jahren ergibt.

Und was sich Christina Gedemer wünscht: „Ich wünsche mir, dass Eltern in dieser Situation wissen, an wen sie sich wenden können und bei wem sie Unterstützung finden. Ich wünsche mir, dass sie in ihrem Schmerz nicht allein gelassen sind und dass sie die Liebe zu ihrem Kind immer in ihrem Herzen bewahren. Und ganz pragmatisch für unser Sternenkinderfeld wünsche ich mir Menschen, die sich ebenfalls ehrenamtlich am Sternenkinderfeld einbringen die zum Beispiel Blumen gießen, Gras zupfen, die sich gerne ein wenig um diesen besonderen Ort kümmern.“ Gerne würde sie auch eine Gruppe Betroffener gründen – hierzu kann man sich bei ihr melden, unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

INFO:

Am Sonntag, 10. Dezember, findet um 16 Uhr auf dem Herbolzheimer Friedhof am Sternenkinderfeld eine Feier für die Sternenkinder statt.  Zusammen mit Christina Gedemer wird hier auch die freie Seelsorgerin aus Broggingen, Saltyha Blank Impulse geben.

Kreishandwerksmeister Martin Schubnell

Sternenkinderfelder

Natürlich gibt es nicht nur in Herbolzheim ein Sternenkinderfeld, sondern auch einige weitere in der Region. Bei meiner Recherche habe ich außerdem den Hauptfriedhof in Freiburg besucht. Seit 2019 gibt es hier für die Sternenkinder einen eigenen Bereich. Ein Seelenvogel aus Mosaiken, ein Kinderspielplatz, eine Natursteinmulde. Hier liegen große Steine, die Eltern oder Geschwister mit dem Namen des verstorbenen Kindes versehen können. Auf diesem Friedhofsbereich können Eltern bei der Beisetzung nun dabei sein und bekommen damit einen persönlicheren Platz für ihre Trauer. Hebammen, Ärztinnen der drei Geburtskliniken und weitere Experten hatten auf Initiative des städtischen Eigenbetriebs Friedhöfe in einer Arbeitsgruppe ein Konzept auf den Weg gebracht, um auf die oft geäußerten Wünsche der betroffenen Eltern einzugehen. An zentraler Stelle steht ein farbiger Seelenvogel, der an ein Kinderbuch von Michal Snunit und Na’ama Golomb angelehnt ist. Darin können trauernde Kinder dem Seelenvogel ihre Sorgen mitteilen. Genauso ist das jetzt bei der Freiburger Vogel. In einen Schlitz können dort Zettel mit Nöten oder Wünschen eingeworfen werden.
Bei meiner Nachfrage bei der Stadt Freiburg /Eigenbetriebe Friedhöfe, antwortet mir Michael Krapp (Kommissarischer 2. Betriebsleiter), dass durchschnittlich etwa 500 Sternenkinder im Jahr beerdigt werden. Bei einigen wenigen Rückmeldungen betroffener Eltern, so Krapp, gebe es durchweg positive Resonanz auf diesen Ort auf dem Freiburger Hauptfriedhof.

Kreishandwerksmeister Martin Schubnell

Und auch in Emmendingen gibt es gleich zwei spezielle Felder für Sternenkinder. Uwe Ehrhardt (Stadt Emmendingen/Fachbereich 1/ Service und Sicherheit), erklärte auf Nachfrage, dass es zum einen das „Engelegrab“ gebe, zum anderen seit 2021 das Schmetterlingsfeld. In enger Zusammenarbeit haben die Emmendinger Bestattungsinstitute und Friedhofsgärtner mit der Stadt und dem Kreiskrankenhaus auf dem Bergfriedhof in Emmendingen dieses Schmetterlingsgrabfeld geschaffen. Das Schmetterlingsgrabfeld im terrassierten Bereich des Friedhofes liegt auf der Seite zum Kreiskrankenhaus. Seit dessen Eröffnung wurden vier Sternenkinder hier begraben. Auch Uwe Erhardt sieht den Bedarf für einen Ort der Trauer als absolut gegeben. Über diese Grabfelder in Emmendingen, sowie die Realisierung in Endingen werde ich im Frühsommer 2024 erneut umfangreich berichten.

In Kenzingen kümmert sich der Hospizverein um das Sternenkinderfeld auf dem Kenzinger Friedhof.
In Endingen erklärt mir Sonja Mühlfeit als Vertreterin des Arbeitskreises "Gedenkstätte Sternenkinder" der Seelsorgeeinheit Nördlicher Kaiserstuhl, dass man an diesem Thema schon lange plane. Im Frühjahr 2024 soll es dann noch im Gemeinderat verabschiedet werden, dann soll die Realisierung erfolgen. Hierzu gingen auch schon beachtliche Spenden ein, unter anderem vom Lionsclub Kaiserstuhl-Breisgau, oder auch von der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. www.senoka.de/soziales/sternenkinder-2/

Frühchenbestattungen gibt es auch auf dem Bergfriedhof Lahr. Vierteljährlich finden hierbei Bestattungen am „Frühchengrabfeld Regenbogen“ statt. Die nächste Frühchenbestattungen für 2024 sind folgende: Jeweils um 15.15h Beginn – in der Friedhofskapelle am Lahrer Bergfriedhof/ Mittwoch, 13. März 24/ Mittwoch, 05. Juni 24/ Mittwoch, 11. September 24/ Mittwoch, 04. Dezember 24

Gedenkfeier in Seelbach: Neben der Möglichkeit, eine Kerze zu Hause anzuzünden, veranstaltet die Selbsthilfegruppe Sternschnuppe am Sonntag, 10. Dezember 2023 um 18.30 Uhr eine ökumenische Gedenkfeier in der evangelischen Kirche in Seelbach

Einige folgende Links, auf die ich gestoßen bin, geben Hilfen:

www.dein-sternenkind.eu
www.sternenzauber-fruehchenwunder.de
www.sternschnuppe-ortenau.de
www.sternenkinder-freiburg.de

Info:

Diese Grenzziehung zwischen einer Tot- und einer Fehlgeburt beruht auf einer Empfehlung der WHO aus dem Jahr 1977, die in das deutsche Recht übernommen wurde. Nicht lebend geborene Kinder werden oft auch als „Sternenkinder“ bezeichnet. Eine Fehlgeburt liegt vor, wenn bei einem Kind nach der Trennung vom Mutterleib weder das Herz geschlagen noch die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat und die Beendigung der Schwangerschaft vor der 24. Woche erfolgt und das Körpergewicht des Kindes unter 500 Gramm liegt. Bei einer Beendigung der Schwangerschaft nach der 24. Woche oder mit einem höheren Körpergewicht handelt es sich um eine Totgeburt. Die aus der ambulanten und stationären Versorgung bekannten aktuellen Zahlen zeigen, dass es im Jahr 2021 in Deutschland 39.762 registrierte Schwangerschaften mit abortivem Ausgang gab. Die Dunkelziffer könnte allerdings deutlich höher sein. Es besteht für eine Fehlgeburt im Gegensatz zu einer Totgeburt keine standesamtliche Meldepflicht.

Im Falle einer Totgeburt erfolgt nach der verpflichtenden Meldung eine Beurkundung im Personenstandregister. Seit einer Änderung der Personenstandsverordnung im Mai 2013 ist es nunmehr auch im Falle einer Fehlgeburt möglich, die Geburt des Kindes beim Standesamt anzuzeigen, dem Kind offiziell einen Namen zu geben und damit seine Existenz dauerhaft zu dokumentieren. Zudem wird Eltern nun auch im Fall einer Fehlgeburt ein Weg eröffnet, sich angemessen von ihrem Kind zu verabschieden und zu trauern: Mittlerweile ist in jedem Bundesland die Bestattung des Kindes möglich, wenn die Eltern dies wünschen. Für eine Totgeburt besteht hingegen – in vielen Bundesländern ab einem Körpergewicht von 500 Gramm und in einigen ab 1000 Gramm – eine Bestattungspflicht. Am 10. Mai 2023 wurde in der 38. öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein Fachgespräch zum Thema Sternenkinder durchgeführt. Im Rahmen eines Sachstandsberichtes im Familienausschuss am 21. Juni 2023 teilte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Vorhaben „Mutterschutz nach einer Fehlgeburt“ mit, dass dieses aktuell umfassend geprüft werde. (Quelle Deutscher Bundestag 2023)

In den allerbesten Händen kann man sich aufgehoben und unterstützt fühlen

Viel einfühlsame Hilfe und Unterstützung bieten bei Sternenkindern auch die Bestattungshäuser. Hier habe ich bei einigen nachgefragte, ebenso zum Thema Grabmale und Trauerreden. Ich danke an dieser Stelle für die unfassbar berührenden Antworten und die vielen Gedanken, die sich hier ein jeder meiner Interviewpartner gemacht hat.

Bestattungshaus Frank Siegwarth, Inhaberin Christina Siegwarth e.K., Emmendingen

Christina Siegwarth antwortet mir mit folgenden, berührenden Gedanken.

„unsere Begegnung, ein Augenblick nur, unsere Liebe unendlich“

Für mich haben Sternenkinder eine große Bedeutung, sie sind Teil der Familie. Mit dem Tod eines Kinders/Sternenkindes gehen so viele Träume und Erwartung an das Leben verloren. Oftmals hat das Paar einige Versuche unternommen, um schwanger zu werden. Die Enttäuschung darüber, dass sie nach kurzer Zeit, sich von dem Glück verabschieden müssen, ist groß. Die Gräber für Sternenkinder sind unheimlich wichtig. Kinder/ Sternkinder haben nicht nur einen Platz in deren Familie, sondern auch in unsere Gesellschaft. Die Gräber können ein Kommunikationsort für andere Betroffen sein, die Eltern kommen miteinander ins Gespräch. Für uns als Gesellschaft ist es wichtig, dass sowohl die Kinder als auch deren Eltern/Familie Beachtung finden. Eltern haben häufig die Angst, dass sie ihr Kind vergessen, dadurch, dass das Kennenlernen und das Verabschieden zum gleichen Zeitpunkt stattfinden. An einer Grabstelle ist das Erinnern möglich, man kann den Namen des Kindes dort lesen, was den Betroffenen bewusst macht, dass da ein Teil von Ihnen bestattet ist. Das Ritual der Verabschiedung und  der Bestattung bedeutet Würdigung des kleinen Menschen und auch Würdigung der Trauer für die Menschen, die sich das Kind gewünscht haben. Die Paare, die ich auf diesem Weg begleitet habe, empfinden eine große Dankbarkeit.

Selbstverständlich braucht man für das stille Aushalten des Schmerzes der Betroffenen, besondere Empathie.

Trauergruppen für Eltern, die ihr Kind verloren haben, sind sehr hilfreich. Ich habe eine solche Gruppe ins Leben gerufen, sie wird von den Teilnehmenden als sehr hilfreich empfunden. Ein Paar, das über längere Zeit die Sitzungen besuchten, wurde wieder schwanger, das Baby kam zur Welt und die Eltern kamen bei mir vorbei, um mir ihr Baby vorzustellen. Das sind dann solche Momente, in denen ich merke, wie wertvoll meine Arbeit ist und wie wichtig es ist, auf die Sorgen und Nöte der Betroffenen einzugehen, ohne Ratschlage zu geben. Das steht mir nicht zu.

Die Akzeptanz über den Verlust lässt Paare nach vorne schauen. Aber den Weg durch die nie endende Trauer, müssen sie gehen, ich kann nur anbieten ihnen Stütze zu sein. Meine Firmen Philosophie ist: wir lassen sie nicht allein.


SCHÖNE STEINE - Individuelle Grabmale aus Meisterhand, Bertold J. Schöne, Endingen

Bertold J. Schöne beantwortete gerne meine Fragen:

Welche Bedeutung haben Sternenkinder für Sie?
„Hört man sich im Verwandten- und Bekanntenkreis um, stellt man erstaunt fest, dass es viel häufiger vorkommt, als einem bewusst ist. Obwohl es also ein Thema ist, dass die ganze Gesellschaft betrifft, ist es im Alltag wenig sichtbar.“

Wie wichtig sind solche Grabstellen/Trauerorte für Sternenkinder Ihrer Meinung nach?

„Die Grabstellen sind ein wichtiger Ort, an dem die verwaisten Eltern ihrer Trauer ein „Außen“ geben können, es ist auch ein Ort für ein Aufeinandertreffen und hilfreichen Austausch. Zudem schafft es insgesamt mehr Sichtbarkeit - es ist erlaubt und  erwünscht, darüber zu sprechen, dem Thema Raum zu geben.“ 

Welche besondere Aufmerksamkeit können Sie gerade Eltern bei Ihrer Trauer vermitteln?

„Als Steinmetze sind wir in der besonderen Rolle, da bei uns das sehr schwere und emotionale Thema mit recht konkreten Fragestellungen und Aufgaben verbunden ist. Wir begleiten Eltern auf dem Weg herauszufinden, was sie sich als Ort der Trauer wünschen und was für sie stimmig ist.“

Was lieben Sie persönlich an Ihrem Beruf, Ihrer Berufung?
„Unser Beruf stellt eine besondere Verbindung zwischen dem Handwerklichen und dem Dienst am Menschen dar. Zum einen der sehr emotionale Grund, aus dem man uns überhaupt aufsucht – bei der Umsetzung wiederum geht es um Ästhetik, Präzision und Kreativität. Das gibt eine Erdung, die man bei diesem existenziellen Thema auch braucht.“

Was ist Ihre Philosophie für Ihre Kunden allgemein?

„Für uns ist wichtig, dass nicht wir dem Kunden unsere Vorstellungen überstülpen. Erst einmal hören wir zu und helfen dann, die verschiedenen roten Fäden in ein gelungenes Gesamtkonzept zu überführen. Und so unterschiedlich die Menschen mit ihrer Geschichte sind, so unterschiedlich sind auch die Aufträge.“


Bestattungshaus Seelenliebe Dorothea Müßle, Weisweil.

Hier beantwortet Serafine Diringer gerne meine Fragen. 

Welche Bedeutung haben Sternenkinder für Sie?
„Als Bestatterin und Mama sind Sternenkinder für mich eine kostbare Verbindung zwischen Himmel und Erde. Jedes dieser besonderen Seelen, die nur kurz bei uns verweilen, trägt eine einzigartige Energie, die unser Herz berührt. In ihrer zarten Präsenz spiegelt sich die Liebe, die über den physischen Raum hinausgeht, und sie hinterlassen Spuren von Licht und Trost. Ich betrachte sie mit großer Liebe und Wertschätzung. Sie sind etwas ganz Besonderes und ich bin stets bereit, den verwaisten Eltern mit all meinen Fähigkeiten und Ressourcen zur Seite zu stehen, ich bin dankbar selbst Kraft zu haben, so dass ich ihnen helfen und sie in dieser schweren Zeit unterstützen darf.“

Wie wichtig sind solche Grabstellen/Trauerorte für Sternenkinder Ihrer Meinung nach?
„Wir dürfen Sternenkinder nicht vergessen, denn auch wenn ihre Zeit auf Erden kurz war, haben sie tiefe Spuren in den Herzen ihrer Eltern hinterlassen. Die Trauerorte dienen als liebevolle Erinnerung, die über den Verlust hinausgeht, und sie ermöglichen es, dass die Liebe für die Sternenkinder weiterlebt. Als Bestatterin betrachte ich es als sehr wichtig, solche besonderen Grabstellen zu führen, der Respekt und Würde für die kleinen Seelen ausstrahlt, die viel zu früh gegangen sind.“

Welche besondere Aufmerksamkeit können Sie gerade Eltern bei Ihrer Trauer vermitteln?

„In diesem tief bewegenden Moment versichert unser Bestattungshaus, dass wir uns mit großer Sorgfalt, Hingabe und ausreichend Zeit ganz auf die Bedürfnisse der Eltern konzentrieren. Jeder Schritt des Abschieds-prozesses wird behutsam und liebevoll gestaltet, um in dieser schwierigen Zeit beizustehen. Wir legen Wert darauf, dass alles im Einklang mit den Wünschen geschieht, um mit Mitgefühl und Rücksicht beizustehen, während die Hinterbliebenen Abschied von ihrem kleinen Engel nehmen.“
Was lieben Sie persönlich an Ihrem Beruf, Ihrer Berufung?

„Als Tochter unseres Familienbestattungsunternehmens bringe ich eine lebendige und einfühlsame Perspektive ein, die mir vermutlich schon in die Wiege gelegt wurde. Obwohl ich ursprünglich Friseurin werden wollte und dann doch eine Ausbildung als Verwaltungs-fachangestellte absolvierte, führte mich das familiäre Umfeld zu meinem jetzigen Beruf. Mein Ziel ist es, in diesem sensiblen Bereich modernes Verständnis und familiäre Herzlichkeit zu verbinden. Durch meine eigene Vielseitigkeit, Kreativität und das Herz am richtigen Fleck strebe ich danach, Abschiedszeremonien zu gestalten, die die Persönlichkeit des Verstorbenen authentisch widerspiegeln. In meiner Rolle als Familien-Bestatterin möchte ich einen Raum schaffen, der Trost spendet und die Trauernden in liebevoller Weise begleitet. Als Familienbestattungsunternehmen liegt es uns am Herzen, den Trauernden so viele Aufgaben wie möglich abzunehmen. Unsere Absicht ist es, ihnen die Freiheit zu geben, in Ruhe zu trauern und sich auf die eigenen Emotionen zu konzentrieren. Wir verstehen, dass diese Zeit der Trauer Raum und Zeit erfordert, und wir sind hier, um einfühlsam unterstützend zu sein. Von der Organisation bis zur Durchführung der Abschiedszeremonie möchten wir sicherstellen, dass die Möglichkeit besteht, sich im eigenen Tempo zu verabschieden, während wir behutsam und respektvoll im Hintergrund agieren.“

Was ist Ihre Philosophie für Ihre Kunden allgemein?

„Meine liebevolle Philosophie als Bestatterin lautet: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel neu setzen.“ In dieser Metapher sehe ich die Kraft der Anpassung und des Neubeginns. Auch wenn wir manchmal den unvermeidlichen Wind der Trauer nicht beeinflussen können, so können wir gemeinsam die Segel neu setzen, um in dieser schwierigen Zeit Stabilität, Trost und einen einfühlsamen Begleiter zu bieten. Jeder Abschied ist einzigartig, und ich stehe bereit, die individuellen Bedürfnisse liebevoll zu verstehen, in der Trauer abzuholen und liebevoll zur Seite zu stehen, damit ein jeder seinem eigenen Kurs der Heilung folgen kann.“


Heudorf Bestattungen Kenzingen/Herbolzheim, hier antworten Isabella Heudorf und Stefan Dürr auf meine Fragen:

Welche Bedeutung haben Sternenkinder für Sie?

Isabella Heudorf: „Unabhängig von Geburtsgewicht oder Schwanger-schaftswoche, wenn ein Kind stirbt, ist das das Schlimmste, was Eltern passieren kann. Daher ist es so wichtig, dass die Familie einen würdevollen Abschied erleben kann, der sie bei der Trauerarbeit unterstützt. Ob über die Klinik oder über eine individuelle Bestattung ist dabei nicht entscheidend.“

Wie wichtig sind solche Grabstellen/Trauerorte für Sternenkinder
Ihrer Meinung nach?

Isabella Heudorf: „Unsere Erfahrung zeigt, dass die Menschen einen konkreten Ort brauchen, den sie aufsuchen können, an dem sie ihre Trauer leben können. Das kann ein eigenes Grab sein, aber auch eine gemeinschaftliche Grabstelle oder Gedenkstätte, die den erlittenen Verlust verortet. Solche Trauerorte zeigen auch, dass man mit seinem schweren Schicksal nicht alleine ist, dass auch andere betroffen sind. Sie machen zudem Sternenkinder sichtbar, tragen das Thema nach außen und schaffen eine öffentliche Wahrnehmung, so dass mehr Menschen sensibilisiert werden und sich darüber Gedanken machen.“ 

 Welche besondere Aufmerksamkeit können Sie gerade Eltern bei ihrer Trauer vermitteln?

Stefan Dürr: „Wir wissen, dass diese Situation extrem belastend ist, und gehen sehr einfühlsam auf die Eltern ein. Es sind oftmals scheinbar kleine Dinge, die für verwaiste Eltern viel bedeuten, beispielsweise, dass wir im Trauergespräch nicht abstrakt von ihrem Kind reden, sondern es bei seinem Namen nennen.“

 

Was lieben Sie persönlich an Ihrem Beruf, Ihrer Berufung?

Stefan Dürr: „Dass ich Trauernden einen Teil ihrer Last abnehmen kann. Sie organisatorisch entlasten, damit sie Raum und Kraft für die Trauerarbeit haben. Sie umsichtig beraten, damit sie in dieser Ausnahmesituation, in der viele gar nicht in der Lage sind, den Überblick zu bewahren, sinnvolle Entscheidungen treffen können. Aber auch sie emotional unterstützen, als Gesprächspartner,
der sich Zeit nimmt, sie versteht und dem sie sich anvertrauen können.“

Was ist Ihre Philosophie für Ihre Kunden allgemein?

Isabella Heudorf: „Die Trauer können wir den Hinterbliebenen nicht abnehmen, aber wir können ihnen vieles erleichtern. Ganz wichtig ist dabei die persönlich und liebevoll gestaltete Abschiedsfeier, die den hinterbliebenen Angehörigen und Freunden eine schöne Erinnerung mitgibt, die ihnen hilft, ihren Verlust zu bewältigen und positiv weiterzuleben. Wenn das gelingt, ist das für uns der
größtmögliche Dienst am Leben.“


Fachberatung Trauerfeier, Birgit Aurelia Janetzky aus Heuweiler antwortet mir so:

Welche Bedeutung haben Sternenkinder für Sie?
„Ich begleite ein bis zwei Trauerfeiern für ein Sternenkind im Jahr. Statistisch gesehen sterben alte Menschen viel häufiger. Aber die Feiern für Sternenkinder sind immer sehr berührend.“ 

Wie wichtig sind solche Grabstellen/Trauerorte für Sternenkinder Ihrer Meinung nach?
„Trauerorte auf dem Friedhof sind wichtig, weil die trauernden Eltern / Familie erfahren, dass sie mit diesem Schicksal nicht allein sind.“

Welche besondere Aufmerksamkeit können Sie gerade Eltern bei Ihrer Trauer vermitteln?
„Die Trauerfeiern für Sternenkinder sind meist sehr liebevoll im Detail geplant. Wenn ein Kind nur kurz gelebt hat, im Mutterbauch oder gerade geboren, dann gibt es nicht viele Erlebnisse, an denen sich die Erinnerungen festmachen. Ein liebevoll gestalteter Abschied wird zu einer wertvollen Erinnerung.“

Was lieben Sie persönlich an Ihrem Beruf, Ihrer Berufung?
„Ich liebe die Nähe zu den Menschen. Dass ich dazu beitragen kann, dass ein Abschied passend gestaltet wird und so zur Hilfe in schwerer Zeit wird.“

Was ist Ihre Philosophie für Ihre Kunden allgemein?
„Die Abschiedsfeier sollte so gestaltet werden, wie es dem verstorbenen Menschen und den Angehörigen und Freunden entspricht. Der Mensch steht im Mittelpunkt.“  

Text: Heike Scheiding /Fotos: Heike Scheiding und die jeweiligen angefragten Unternehmen

Die teilnehmenden Betriebe